Wasser hat auf mich schon immer eine magische Wirkung gehabt. Nachdem ich das Stand Up Paddling für mich entdeckt hatte, ist das Fahren mit Seekajak und auch mit dem Kanu schnell gefolgt. Eine tolle Art, sich auf Gewässern fortzubewegen! Noch viel schöner, wenn man so richtig Zeit dafür hat und «Flusswandern» kann, sprich mit einem Kanu mehrere Tage flussabwärts paddeln und am Flussufer übernachten kann. Auf den Geschmack hierfür gekommen bin ich durch das Flusspiraten-Lager vom Kinderhilfswerk Kovive, dass ich bereits zwei Mal als Lagerleiterin begleitet habe. Im Lager wird an mehreren Tagen die Thur mit dem Kanu befahren und direkt am Fluss gecampt. Beide Male waren unglaublich toll!

Nach einem arbeitsintensivem 2023 war das Bedürfnis nach Erholung gross und damit dann auch ein erster Gedanke in Richtung Ferien mit bzw. auf dem Kanu. Nach einer Google-Recherche bin ich auf den Anbieter «Trango», passenderweise aus St. Gallen, gestossen. Verschiedene Kanu-Ferien standen im Angebot, unter anderem für die Ardeche in Frankreich. Die Bilder haben toll ausgeschaut, die Buchung ist dann nach erfolgter Rückfrage, ob eine Teilnahme auch ohne grosse Paddelerfahrung möglich sei, schnell erfolgt. Die Tour hätte im April 2024 stattfinden sollen, wurde dann allerdings relativ kurzfristig wegen zu wenig Teilnehmenden abgesagt. Der Inhaber von Trango, Dominik Schläpfer, hat beim Telefon allerdings erwähnt gehabt, dass er im Mai in Italien auf den Tagliamento gehen würde und diese Ferien garantiert stattfinden würde. Spontan wie immer, habe ich umgebucht und schaute freudig den Ferien auf dem Tagliamento entgegen – einem der letzten naturbelassenen Flüsse Europas.

Montag 29. April 2024
Das Befahren vom Tagliamento ist allerdings stark Wasserstand-Pegel abhängig (von Hochwasser bis zu wenig Wasser). Letzteres war leider kurz vor unseren Ferien der Fall, der Pegel ist täglich noch weiter gesunken. Dominik hat daher bei der gemeinsamen Fahrt nach Italien eher vom Befahren des Ticinos gesprochen, der zu dieser Zeit mehr Wasser führte. Unterwegs hat er sich dann aber spontan umentschieden für den Piave, einem Fluss nahe dem Tagliamento, ebenfalls noch weit Naturbelassen. So sind wir dann mit zwei weiteren Reise-Teilnehmenden aus Berlin nach einer schönen Pässe-Fahrt spontan in Belluno in Italien gelandet und haben den Pegelstand vom Piave als fahrbar befunden. Über Google haben wir eine Camping-Platz bei Belluno gesucht und gefunden, den Camping Nevegal. Spontane Ideen sind ja in der Regel immer die Besten und der Camping war auch wirklich sehr grosszügig angelegt, sehr gepflegt und auch sehr schön gelegen – allerdings auf über 1000 Meter über Meer. Die Schneegrenze war nur unweit weiter oben, dementsprechend war die Nacht etwas frisch 🙂 Vor dem Schlafen wurden wir aber gut gestärkt durch Dominik mit feinen Älplermagronen.


Dienstag 30. April 2024

Am nächsten Tag stand ein grosser Einkauf auf dem Programm, die Wochenverpflegung musste eingekauft werden. Danach ging es an das Aufpumpen der Boote, an das Verladen vom Gepäck in wasserdichten Säcke und dem Parkieren vom Transport-Bus. Am späteren Nachmittag ging unsere Flussfahrt dann los, als End-Ziel unserer Ferien wurde das Örtchen «Ponte del Piave» definiert . Der Piave führte zwar nicht all zu viel Wasser, zum Fahren ging es aber und war landschaftlich sehr schön. Unser Übernachtungsplatz wurde direkt am Fluss gefunden und der Abend wurde wiederum mit einem feinen Znacht und einem grossen Lagerfeuer ausgeklungen.


Mittwoch 31. April 2024

Nach einer erholsamen Nacht im Zelt konnten wir dann beim Frühstück am Fluss sogar noch ein Reh beobachten, dass den Fluss überquerte. Welche Idylle zu Beginn von diesem Tag – zum Glück haben wir da noch nicht gewusst, welche Wendung der Tag noch nehmen würde…
Der Fluss führte nicht immer genug Wasser, an einigen Stellen musste das Boot getreidelt werden. Schon bald kam dann unerfreulicherweise Wasser von Oben dazu, in Form von Regen. Warm war es zum Glück und durch die Regen-Klamotten somit auch trocken und gut aushaltbar. Dazwischen gab es immer mal wieder trockene Abschnitte. Die Laune war gut, die Natur schön, das Nervensystem heruntergefahren und doch gleichzeitig wachsam, ab und an gab es Stromschnellen oder auch Bäume, die in den Fluss ragten. Auch ein Wehr musste umtragen werden. Lange hat mein Schön-Wetter-Optimismus noch angehalten «das wird nicht so schlimm», doch irgendwann hat es dann nur noch Bindfäden geregnet und nicht mehr aufgehört 🙁 Dominik hat uns einen sicheren Schlafplatz weit oberhalb des Flusses gesucht mit einem Notweg an Land – die Flüsse in Italien können sehr schnell anschwellen. Trotz des Regens gelang uns ein Lagerfeuer und das warme Essen hat umso besser geschmeckt. Hat man die Komfort-Zone einmal überschritten, ist es recht entspannt. Hab es tatsächlich genossen, mal so draussen zu sein. 


Donnerstag 1. Mai 2024

In der Nacht gab es starke Regenfälle. Mittlerweile waren Zelt und Regenklamotten dann doch ziemlich durchnässt. Dominik gelang es dennoch mit viel Mühe ein Feuer zu entfachen, um uns zum Frühstück warmen Kaffee anbieten zu können. Welche Wohltat ein solcher Kaffee! Der Pegel vom Fluss hat langsam begonnen zu steigen und die Prognosen für die nächsten Tage sind immer schlechter geworden – für die nächsten 3 Tage war plötzlich Dauerregen angesagt. Gleichzeitig sind unsere beiden Mit-Reisenden aus Berlin krank geworden – sie haben das Flusswasser unserem mitgeführten Trinkwasser bevorzugt, was ihnen wohl nicht bekommen ist (Flusswasser zu trinken generell nicht zu empfehlen, egal ob in Italien oder in der Schweiz). All das zusammen hat uns dazu geführt, die Kanu-Ferien abzubrechen. Dominik’s Entspanntheit sei Dank waren sie aber dennoch nicht vorbei. Er schlug einen Camping in Jesolo vor, um dort noch die letzten Tage zu verbringen. In Jesolo war das Wetter nämlich weit besser. Waren dann halt keine Kanu-Ferien mehr, aber dennoch immer noch Ferien und die Sicherheit geht definitiv vor. Und irgenwann ist man auch mal genug nass 😀
Nach zwei Gläsern Wein und einer grossen Portion Kaninchen mit Kartoffeln in der nahe gelegenen «Osteria Colombina» im kleinen Örtchen Feltre hat die Welt schon wieder anders ausgeschaut! Die Osteria ist übrigens sehr empfehlenswert! Dominik war in der Zwischenzeit mit dem Zug zurück nach Belluno gefahren und hat das Auto geholt. Wenige Stunden später checkten wir im wiederum unterwegs spontan gegoogelten Camping «Vela Blu Camping Village» in Jesolo ein. Zu unserer Freude war dort kein Regen und unsere Zelte sind binnen weniger Stunden komplett getrocknet. Unsere beiden deutschen Mitreisenden bevorzugten aufgrund ihrer Magen-/Darmprobleme einen Bungalow. So konnten wir uns jeweils gemütlich im Bungalow verpflegen und die grosszügige Küche nutzen, war so ganz praktisch. Komfort-Zone lässt grüssen 🙂


Freitag 2. Mai 2024

Am Freitag erkundeten wir das nahe gelegene Städtchen Caorle mit einem kleinen, aber herzigen Stadtzentrum und einem schönen Küstenabschnitt am Meer. Gemäss Dominik’s sehenswert und das war es auch 🙂 Abends liessen wir es uns gut gehen, Dominik hat uns wiederum gekocht und auch ein italienischer Wein durfte nicht fehlen.


Samstag 3. Mai 2024

Unser nächster Ausflug führte uns nach Trevisio, was ebenfalls in Dominik’s Reiseführer als sehenswert aufgeführt war. Unterwegs machten wir aber erst noch einen Halt beim Naturschutzgebiet «Cimitero dei Burci» und machten dort einen kleinen Spaziergang entlang vom Fluss. Dieser ist sehr zu empfehlen, auf Stegen kann man hier die Pflanzen- und Tierwelt erkunden, insbesondere auch viele Schildkröten die in vor langer Zeit versunkenen Holzschiffen hausen. Trevisio selber war dann auch nicht schlecht, aber auch nicht gerade bombastisch 😉 Zurück auf dem Camping entschlossen wir uns dann noch für einen kleinen Sprung ins Meer, geschätzt hatte es irgendwo um 16 oder 17 Grad.
Es folgte ein letzter gekochter Znacht von Dominik am Abend und eine letzte Nacht im Zelt direkt am Meer. 


Sonntag 4. Mai 2024

Mit vielen Eindrücken und Erlebnissen traten wir die Heimfahrt zurück in die Schweiz an. Das waren definitiv nicht meine letzten Kanu-Ferien!